Gelbe Beete mit Mandarinen-Ingwer-Dressing - Auftakt zur Ingwersaison


Im Anfang war das Gewürz. Seit die Römer bei ihren Fahrten und Kriegen zum erstenmal an den brennenden oder betäubenden, den beizenden oder berauschenden Ingredienzien des Morgenlandes Geschmack gefunden, kann und will das Abendland die »especeria«, die indischen Spezereien, in Küche und Keller nicht mehr missen. Denn unvorstellbar schal und kahl bleibt bis tief ins Mittelalter die nordische Kost. Noch lange wird es dauern, ehe die heute gebräuchlichsten Feldfrüchte wie Kartoffel, Mais und Tomate in Europa dauerndes Heimatsrecht finden, noch nützt man kaum die Zitrone zum Säuern, den Zucker zur Süßung, noch sind die feinen Tonika des Kaffees, des Tees nicht entdeckt; selbst bei Fürsten und Vornehmen täuscht stumpfe Vielfresserei über die geistlose Monotonie der Mahlzeiten hinweg. Aber wunderbar: bloß ein einziges Korn indischen Gewürzes, ein paar Stäubchen Pfeffer, eine trockene Muskatblüte, eine Messerspitze Ingwer oder Zimt dem gröbsten Gerichte zugemischt, und schon spürt der geschmeichelte Gaumen fremden und schmackhaft erregenden Reiz. Zwischen dem krassen Dur und Moll von Sauer und Süß, von Scharf und Schal schwingen mit einmal köstliche kulinarische Obertöne und Zwischentöne; sehr bald können die noch barbarischen Geschmacksnerven des Mittelalters an diesen neuen Incitantien nicht genug bekommen. (Zitat aus Magellan - Kapitel 3 von Stefan Zweig)
Gibt es einen passenderen Anfang für meinen Beschluss, künftig meine Gewürze ins Zentrum meiner Koch- und vor allem Schreib- und Bloglust zu stellen? Wer mich hier schon etwas länger kennt, kennt auch meine Zufallsexkursionen (fotografische Streifzüge) ins Reich der Literatur - dem Zweigschen Motto "navigare necesse est" folgend. Heißt so viel wie "Seefahren tut not." Ich übersetz das mal ganz frei mit "Eintauchen in fremde Welten macht das Leben bunt" - und verschweige dabei den zweiten Teil des lateinischen Ausspruchs (den auch Stefan Zweig unterschlagen hat): "vivere non est necesse". Pffft, leben soll nicht notwendig sein? Meinte jedenfalls der römische Feldherr Pompeius. Naja, er hatte Gründe für seinen Spruch. Aber das näher zu beleuchten, ginge hier deutlich am Thema vorbei. Bin sowieso schon viel zu weit abgekommen vom Kurs.


Zurück zur Kraft der »especeria« und meiner absoluten Lieblingswürzknolle, dem Ingwer. Dessen unvergleichlichen Geschmack - zitronig scharf bis seeehr scharf - mochte ich in jungen Jahren schon und zwar am liebsten in der Variante "kandierte Ingwerknollen" - je größer und dicker die Stücke, desto lieber. Und saftig musste er sein. Leider ist er mir in dieser Variante noch nicht als Bio-Ware begegnet - bisher finde ich immer nur so relativ trockene Stäbchen mit Kristallzuckermantel. Aber dank Rezept von David Lebovitz (auf Englisch) kandiere ich mir meinen Ingwer jetzt selbst. Und lasse die Ingwerscheibchen im Sirup und verzichte auf den auch von Lebovitz bevorzugten Zucker drumrum. Ist doch genug davon innendrinn.


Inzwischen ist mir allerdings der kandierte Ingwer auch nicht mehr sooo wichtig. Es gibt schließlich weit mehr zu entdecken: Mit den drei Varianten - frischer oder pulverisierter Ingwer sowie als ätherisches Öl - lassen sich so unendlich viele Variationen genießen, dass ich eigentlich das ganze Jahr über jeden Tag irgendwas mit Ingwer essen könnte. Naja, nicht im Hochsommer vielleicht - da merkt man dann doch sehr, dass Ingwer innerlich wärmt. Das wird wohl auch der Grund dafür sein, dass er mir jetzt als Hauptthema für meine Winter-Januar-Küche in den Sinn kam. Habe allerdings noch nicht ausgerechnet, ob sich der übermäßige Genuss von Ingwer - kombiniert mit lebensabschnittsbedingten Hitze-Attacken - in positivem Sinne auf meine Heizkosten auswirkt.


Meine diesjährige Ingwerlust begann mit dem Silvestermenue - was zufällig wieder ein "Menue Orange" wurde. Wobei das Prinzip "jeder Gang hat irgendwas mit Orangen zu tun" geändert wurde in "in jedem Gang spielt die Farbe Orange die Hauptrolle". Die Einzelteile: Gelbe Beete mit Mandarinen-Ingwer-Dressing, Ofengebackener Kürbis mit Orangen-Safran-Risotto und Mandarinen-Punsch-Flammeri. Ingwer kommt in allen drei Gerichten vor. War für die gelungene Silvesterfeier zu zweit nicht unbedingt nötig, aber auch auf gar keinen Fall schädlich. Wenn Ihr wisst, was ich meine ;-)


Nun habe ich mir ja aber vorgenommen, künftig lieber wieder etwas öfter, dafür kürzer zu bloggen. Deshalb gibt es heute erstmal nur das Rezept für die Gelbe Beete zum Auftakt. Die anderen werden folgen. Und noch einige mehr - denn ich muss u.a. unbedingt noch mein Rezept für die beste Marinade aller (meiner) Zeiten verraten.

Gelbe Beete mit Mandarinen-Ingwer-Dressing
und Walnuss-Cranberry-Streu



Zutaten (für 2 Personen als Vorspeise)
  • 2 kleine Knollen Gelbe Beete
  • 1 kleine Schalotte, 1 Mandarine, 2 El. Zitronensaft, ca. 20 ml Walnussöl, 1 gestr. Tl. fein geriebener frischer Ingwer, 1 El. Ahornsirup, Salz
  • je 2 gestr. El. grob gehackte Walnüsse und getrocknete Cranberries
  • Szechuanpfeffer
Zubereitung
  1. Gelbe Beete abbürsten und über Dampf bissfest garen. Abkühlen lassen, pellen und in (halbe) Scheiben schneiden.
  2. Schalotte sehr fein würfeln. Mandarine auspressen. Saft mit Zitronensaft, Walnussöl, Ingwer, Ahornsirup, Schalotte und Salz zu einem Dressing verschlagen.
  3. Gelbe Beete auf Tellern anrichten, mit Dressing übergießen und mit Walnüssen sowie Cranberries bestreuen.
  4. Szechuanpfeffer erst unmittelbar vor dem Servieren gemörsert oder frisch mit der Pfeffermühle gemahlen über die Gelbe Beete geben.
Guten Appetit!

Kommentare

  1. Ingwer gehört auch zu meinen liebsten Würzmittel, gern auch traditionell chinesisch kombiniert mit Lauchzwiebel, Knoblauch, Chili, Sojasauce... :-)
    Die gelben Bete sehen wunderbar aus. Woher hast du sie? Ich habe noch nie welche gesehen. Sind sie außen auch eher dunkel oder erkennt man sie eindeutig?
    So viel Fragen, dabei wollte ich dir doch erstmal ein wundervolles neues Jahr (verspätet, ich weiß) wünschen! Und ich freue mich, dass du wieder etwas Muße zum Bloggen findest. Du hast gefehlt.
    Liebe Grüße,
    Eva

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Eva, herzlichen Dank für deine motivierenden Grüße :-) Auch dir ein wundervolles neues Jahr mit weiterhin vielen tollen Kreationen!
      Gelbe Beete (oder Bete) hatte ich zufällig bei "meinem" Online-Gemüsehändler entdeckt - leider gibt es sie aktuell dort nicht mehr. Sie sehen von außen zwar nicht gelb, sondern eher schmuddelig braun aus, sind aber deutlich heller als die rote Verwandte. Ich werde weiter Ausschau halten und Meldung machen, falls ich sie nochmal entdecken sollte. Sie schmeckt eindeutig nach Beete, aber nicht ganz so erdig wie die roten.
      Wenn mir nichts dazwischenkommt, werde ich noch einige Ingwer-Rezepte bloggen, u.a. in der "klassischen" Kombination mit Knooblauch, Chili, Sojasauce... und dann auch von meinem Versuch, Reisnudeln selbst herzustellen, berichten ;-)
      Liebe Grüße, Antje

      Löschen
  2. Beete liebe ich ja. Ich baue sie jedes Jahr im Garten an und mach sie im Winter gerne Milchsauer ein. Den Rest packe ich dann immer in eine Sandkiste und zehre den ganzen Winter davon. Ein wunderbares Gemüse. Ingwer schneide ich im Winter gerne dünn auf und mach mir nen Tee mit Honig aus ihm.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Kimberley. herzlich willkommen hier und besten Dank für deinen Kommentar. Eigentlich habe ich genug Platz im Garten, um rote (oder gelbe) Beete anzubauen. Habe das aber erstmal bis auf weiteres auf mein Rentenalter verschoben und beschränke mich derzeit auf Obst, Blumen und Kräuter. Samen für gelbe Beete gibt es auch - jedenfalls habe ich sie im Bio-Handel entdeckt.
      Und Ingwer im Tee finde ich auch sehr angenehm. Für das Kandieren von Ingwer muss man die Scheibchen erstmal ein wenig in Wasser auskochen, damit die Schärfe reduziert wiird. Das Wasser bewahre ich im Kühlschrank auf und gebe immer einen ordentlichen Schuss davon in eine Kanne Kräutertee.

      Löschen
  3. Liebe Antje, momentan finde ich nicht so oft Zeit, durch die Blogosphäre zu tingeln, aber heute endlich mal wieder - und lese begeistert Dein Rezept. Das ist ein guter Plan, den Januar mit Ingwer zu beginnen! Ich liebe den auch sehr (auch kandiert) und kann da im Winter nicht genug von bekommen. Gelbe Beten esse ich ebenfalls sehr gern (im letzten Winter hatte ich sie zum ersten Mal entdeckt und gebloggt), da ich sie als weniger erdig empfinde als rote Beten, die ich nicht so mag. Deine Kombination klingt sehr verlockend und sieht auch so aus. Liebe Grüße!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Claudia, wegen der wenigen Zeit bin ja auch ich nicht mehr so oft auf anderen Blogs - das kann ich gut verstehen. Umso mehr freue ich mich über deinen Kommentar jetzt.
      Das mit deiner Gelben Beete hatte ich ganz vergessen, da muss ich doch gleich nochmal nachschauen. Und dass die gelben weniger erdig schmecken als die roten entspricht auch meiner Wahrnehmung.
      Liebe Grüße, Antje

      Löschen

Kommentar veröffentlichen

Hinweis für Leser/innen, die hier kommentieren möchten, ohne sich vorher irgendwo anmelden zu müssen: Bitte die Option "Anonym" verwenden und dann den Kommentar trotzdem gern mit (Vor-)Namen "unterschreiben". Besten Dank.