Holunder-Dessert "Zwei Jahreszeiten"

Was die Natur nicht vorgesehen hat, wird in der Küche möglich: Eine köstliche Vereinigung von Holunderblüten und Holunderbeeren


Am Sonntag vor einer Woche war es noch nicht ganz soweit: Die Holunderblüten baten um etwas Geduld und erlaubten mir lediglich, eine einzige voll erblühte Blütendolde selig nach Hause zu tragen. Ich fühlte mich dennoch ein wenig wie eine Diebin mit schlechtem Gewissen. Doch diese Stimmung war schnell verflogen. als mich - zum ersten Mal seit Jahrzehnten - ein Kuckuck rufend ein Stück des Wegs begleitete. Wieder so ein Erlebnis, das mir ganz laut sagt: Ja, hier bist du richtig.

Zu Hause angekommen, die große Frage: Was tun mit dieser Kostbarkeit? Ich befragte "Die besten Wildfruchtrezepte" und entschied mich für Holunderblütenöl. Meine eine Dolde war genau die richtige Größenordnung, um diese Form von Konservierung des (mich) betörenden Aromas zu testen. Eigentlich sollte das Öl vor Verwendung sechs Wochen reifen. Nach nur einer Woche aber war das Aroma der Blüten bereits so intensiv auf das Öl übergegangen, dass ich mich nicht länger gedulden mochte. Ich war entzückt - und entwickelte einen Plan: Diese Kostbarkeit sollte in meinem Dessert am Sonntagabend landen - und zwar in Kombination mit dem beerenhaltigen Holundersirup von vergangenem Frühherbst.

Und weil die Holunderblütensaison jetzt eine Woche später für mich nun so richtig begonnen hat, reift bereits das nächste Holunderblütenöl vor sich hin...

Holunder-Dessert "Zwei Jahreszeiten"

Zutaten



Holunderblütenöl

  • Holunderblüten (möglichst mittags an einem sonnigen Tag gesammelt)
  • Traubenkernöl

Beeriger Holundersirup

  • 1 Teil Holunderbeeren
  • 1 Teil Rohrohrzucker
  • Zitronensaft
  • gemahlene Vanile

Dessert (Menge pro Person)

  • 1/2 Becher Saure Sahne
  • 1 geh. Tl. Puderzucker (aus Rohrohrzucker)
  • 1 1/2 Tl. Holunderblütenöl
  • 1 Msp. gemahlene Vanille
  • 2 El. Holunderbeerensirup
  • ein paar Holunderblüten zum Garnieren


Zubereitung

Holunderblütenöl
  1. Die Blütendolden ausschütteln - das geht am besten, in dem man Dolde für Dolde am Stiel fasst und vorsichtig mit den Blüten nach unten auf ein weißes Tuch oder Küchenpapier schlägt. Die eventuell dabei herausbeförderten Mikro-Insekten vom Tuch schütteln (das Arbeiten am offenen Fenster oder im Freien erleichtert die Angelegenheit). Dann die Blüten mit einer Schere so abschneiden, dass möglichst wenig grüne Stiele an den Blüten verbleiben (bei diesem Vorgang erkennt man auch sehr gut, ob in den Stielachseln Läuse festsitzen - die lassen sich nämlich nicht abschütteln). 
  2. Blüten sehr dicht in ein Glas schichten und mit Öl aufgießen, bis alles bedeckt ist. An einem dunklen Ort bei Zimmertemperatur reifen lassen. Nach einer Woche schmeckt das Öl bereits hocharomatisch und kann zum Aromatisieren von allerlei Speisen verwendet werden (der Versuch, das Öl sechs Wochen lang reifen zu lassen, steht noch aus, ist aber bereits angesetzt).
Anmerkung: Wer angesichts des möglichen Viehzeugs in den Dolden davor zurückschreckt, Holunderblüten selbst zu verarbeiten: Ob sich in der Lebensmittelindustrie wohl jemand die Mühe macht, jede einzelne Dolde gründlich zu veganisieren? Und wenn ja, mit welchen Mtteln?

Holunderbeerensirup
  1. Holunderbeeren mit einer Gabel von den Stielen streifen, abwiegen und mit gleicher Menge Rohrohrzucker in einen Topf geben und verrühren. Zitronensaft nach Geschmack zugeben (nach meinem Geschmack pro 500 g Beeren Saft von mindestens einer halben Zitrone).
  2. Alles aufkochen und sirupartig einkochen (nicht zu dickflüssig werden lassen, damit es nach dem Erkalten nicht zu Marmelade wird). Vanille unterrühren.
  3. In sterilisierte Gläser oder Flaschen füllen, sofort verschließen und abkühlen lassen. (Bei mir hält sich das Ganze - im Keller gelagert - bereits seit Herbst 2013.)
Anmerkung: Ich gebe zu, die Verwendung der ganzen Beeren ist für einen Sirup eher unüblich, ich hatte mich damals aus Zeitmangel für dieses Vorgehen entschieden. Und beim nächsten Mal werde ich es wiedertun. Aus Überzeugung. Warum? Weil die winzigen Kerne in den Beeren ein leicht knuspriges oder eher knisterndes Erlebnis erzeugen - was mir sehr gefällt.)

Dessert
  1. Saure Sahne in ein mit einem Mulltuch ausgelegtes Sieb geben, abdecken und über Nacht abtropfen lassen, evtl. die Masse nach ein paar Stunden vorsichtig kreuz und quer mit einem Messer einschneiden, damit die Molke noch besser abläuft.
  2. Sahne mit Puderzucker, Holunderblütenöl und Vanille verrühren.
  3. 1 1/2 El. Holunderbeerensirup in ein Schälchen geben, die Saure Sahne vorsichtig daraufsetzen und mit dem restlichen Sirup beträufeln. Mit ein paar Holunderblüten garnieren.
Genießen!


Kommentare

  1. Hallo Antje!

    Schon wieder etwas, was mich total begeistert - das Rezept insgesamt aber auch dein Holunderöl finde ich umwerfend!! Kann mich noch gut an den Spruch meiner Oma erinnern die immer gesagt hat: Wenn du an einem Holunderbaum vorbeigehst, verneige dich und zieh den Hut! Holunder ist eben ein Allround-Heilmittel und schmeckt dazu noch umwerfend gut - im Frühjahr die herrlichen Blüten und im Herbst die Beeren! Du hast beide auf's trefflichste vereint!!

    Schönes erholsames Wochenende und herzliche Grüße!

    Kathrin

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    1. Hallo Kathrin, vielen lieben Dank für deine Begeisterung. Ich entdecke Holunder eigentlich erst jetzt so richtig. 35 Jahre Großstadt und kein Holunder, den ich mich getraut hätte zu ernten. Und hier nun in Hülle und Fülle... Ich genieße es sehr.
      Herzliche Grüße und einen schönen Sonntag,
      Antje

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  2. Das ist eine gute Idee, liebe Antje! Das Konservierte vom Herbst und die Blüten aus dem Frühjahr. Leider habe ich meinen selbstgemachten Holunderessig schon komplett verbraucht, so etwas lebt bei mir nicht lang, aber für die nächste Saison merke ich mir das. Derweil amüsieren wir uns hier an Sonntagabenden mit Holunderblüten in Prosecco, auch nicht schlecht ;-).

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  3. Meine Vorräte im Keller halten länger als ich dachte - weil es so viele sind. Ich bin schon fast froh, dass es in diesem Jahr wohl kaum eine nennenswerte Zwetschenernte in meinem Garten geben wird. So habe ich wenigstens die Chance, die Vorräte von der letzten Ernte bis zum nächsten Jahr zu verbrauchen. Und wenn es nur die Zwetschen und der Holunder wären...
    Hach, das sind vielleicht Probleme. Ich freue mich, dass ich sie habe ;-)

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    1. Ich fühle mit Dir, selbst eingemachte Vorräte aufzubrauchen ist wirklich ein schweres Los ;-). Im Ernst, Du bist zu beneiden um Garten und umgebenden Harz-Wald gleichermaßen. Wobei es ja auch nicht ohne Reiz ist, das Berliner Stadtgrün zu erkunden. Nur wage ich dort nicht, zum Beispiel eine große Holdunder-Ernte einzusammeln - im öffentlichen Park wollen dann ja auch noch andere etwas davon haben. Vermute ich jedenfalls mal ;-).

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    2. Und um mein schweres Los zu vergrößern, bin ich schon wieder mit Hingabe dabei, neue Vorräte anzulegen: Löwenzahn- und Tannenspitzenlikör, Tannenspitzenöl, Holunderblütensirup, -öl, -likör. Ich habe mich
      hier zur Likörliebhaberin entwickelt, weil es so eine tolle Methode ist, die Aromen zu konservieren.

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