Gläserne Schlachthäuser oder Gemüselasagne mit Hefeschmelz


Ein Plädoyer für mehr Gelassenheit im Umgang mit den Freunden des BEEF!

“Hätten Schlachthäuser Glaswände, wäre jeder Vegetarier,” schrieb kürzlich eine Facebook-Freundin als Kommentar zu einem Artikel des SZ-Magazins “Fleischgeil”. Wirklich? Ich habe da meine Zweifel. Je mehr und je öfter jemand versucht, uns mit schockierenden Bildern zur Änderung unseres Verhaltens zu bewegen, desto trotziger schauen wir doch weg, desto abgestumpfter werden wir (siehe Warnhinweise auf Zigaretten-Schachteln). 

Und wenn es ständig noch schockierendere Bilder braucht, dann landet das bei Barbara Rütting, die den Umgang mit Tieren in unserer Gesellschaft mit Treblinka vergleicht oder bei der Vorsitzenden der Organisation PETA, Ingrid Newkirk, die findet “Kinder mit Fleisch zu ernähren, ist Kindsmissbrauch” - und dann ganz artgerecht mit einem Huhn im Arm posiert.


Ich vermute, dass der Extremismus dieser beiden Frauen hauptsächlich die Funktion erfüllen soll, die eigenen Leute zusammenzuschweißen. Eine nachhaltige Veränderung in der Mitte der Gesellschaft werden sie damit kaum bewirken.

Was also tun? Der Verzicht auf Fleisch ist ja nicht nur unter Tierschutzaspekten sinnvoll. Es gibt viele Gründe dafür, die Pflanzen zu essen, bevor sie zu Steak oder Milch verfüttert werden. Irgendwie muss es doch möglich sein, mehr Menschen davon zu überzeugen. Das dachte sich auch das in Bioläden wohlbekannte Werbemagazin “eve” und leitete einen Artikel über vegane Lebensweise mit den Worten ein “Auch ohne bleibt genug zum Leben”. Wie bitte?

Das klingt in meinen Ohren so sehr nach Verzicht, dass ich mich - wäre ich nicht bereits seit 27 Jahren fleischlos glücklich - von diesem Artikel wahrscheinlich schnell wieder verabschieden würde. Auch das gut gemeinte vegane Rezept ein paar Seiten weiter, reißt nicht wirklich vom Hocker: “Gemüselasagne mit würzigem Hefeschmelz”. Hefeschmelz, soso.


Der richtige Weg liegt sicher irgendwo dazwischen. Auch wenn wir, die wir längst das vegetarische Leben in vollen Zügen genießen, manchmal der Menschheit zurufen wollen "Hallo? Merkt ihr was? Das läuft was falsch!": Gelassenheit und Selbstbewusstsein sind in meinen Augen die besseren Instrumente als Schlachtrufe auf der einen oder Verzicht-tut-nur-ein-bisschen-weh-Beschwichtigungen auf der anderen Seite.

Selbstbewusstsein heißt: Sich nicht dafür entschuldigen, dass man kein Fleisch isst sondern offensiv damit umgehen. Nicht wir haben ein Defizit, sondern die Restaurants, deren Koch schlimmstenfalls die Augen verdreht, wenn ein Gast nach vegetarischen Gerichten zu fragen wagt oder bestenfalls "vegetarisch" mit "Fleisch weglassen" verwechselt. 

Gelassenheit bedeutet: Darauf vertrauen, dass andere ihren Weg selbst finden. Es ist doch schon viel passiert: Jeder von uns erlebt inzwischen häufig, dass sich Nichtvegetarier quasi bei uns entschuldigen und behaupten, "zuhause esse ich eigentlich auch nur noch ganz selten Fleisch". Und die Tatsache, dass es einen Markt gibt für das relativ neue Männermagazin "BEEF! Für Männer mit Geschmack", ist doch nichts als das letzte Aufbäumen gegen einen unaufhaltsamen Trend. Irgendwann werden diese Männer vor dem ersten Stelldichein mit ihrer Herzdame/ihrem Herzbuben die "BEEF!" in der Abstellkammer verschwinden lassen und ihre Grillkünste an köstlichem Gemüse erproben.

Kommentare

  1. Recht so! Vor allem der Satz:
    Gelassenheit bedeutet: Darauf vertrauen, dass andere ihren Weg selbst finden.
    Finde ich gut! Richtige Einstellung!

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