Spionware statt Spyware

Angst vor Datensammlern im Internet? Nee.
Der Überwachungsstaat findet längst offline statt.

Schonmal was vom Versandhändler Pro-Idee gehört? Irgendwie bin ich vor Jahren in deren Verteiler geraten. Und weil ich dort ein Mal etwas bestellt habe, werde ich nun regelmäßig mit Katalogen beglückt. Das Blättern darin ist amüsant - die angebotenen Artikel gehören überwiegend in die Rubrik Mäßig-Originelles-für-Leute-die-schon-Alles-haben wie zum Beispiel die “Putting-Matte” für das Golftraining zuhause. Davon wollte ich jetzt aber gar nicht erzählen.


Im Gegensatz zur Putting-Matte habe ich nämlich in der aktuellen Ausgabe auch wirklich interessante Dinge entdeckt - Dinge, die das Leben ungemein erleichtern und von denen die “Datenkraken” wie Facebook & Konsorten - auf denen wir so gern rumhacken - bis jetzt noch nur träumen dürfen.

Hat Ihr Chef neuerdings einen Kugelschreiber in der Brusttasche seines Sakkos stecken? Oder der Typ euch gegenüber in der U-Bahn? Sicher, dass es sich dabei nicht um eine KuliCam handelt und Sie gerade gefilmt werden? Werbetext: “Sie verpassen nie mehr einmalige Momente - und haben dennoch beide Hände frei.” Ein anderer Händler bezeichnet das Ding als “außergewöhnliches Spionage-Gadget” mit echtem James-Bond-Feeling.

Noch besser finde ich ja Spy Clock und CamClock ein paar Seiten weiter (“Elegant designt. Clever getarnt: Die Tischuhr mit Mini-Cam und Bewegungssensor.”) Die eine überwacht unauffällig das heimische Ehebett während der Geschäftsreise, die andere das Badezimmer, die Sitzecke oder auch den Schreibtisch des wessen auch immer verdächtigen Angestellten.

Dann gibts da noch den “CarObserver”. Eigentlich gedacht für die laufende GPS-Ortung eines Autos durch die Polizei im Falle eines Diebstahls - in Echtzeit, versteht sich. Ein anderer Händler aber beschreibt das Instrument ganz im Sinne des Hobbydetektivs: “Im Falle eines Diebstahls wird das Auto geortet, die örtliche Polizei wird informiert und kümmert sich um die Sicherstellung des Gefährts.” Welches Gerät weiß schon, ob es geklaut wurde, bevor es geortet wird?

Ja, und von nun an wird auch das Spionieren durch den Türspion zum Vergnügen: Nie wieder ein Krampf im dauerhaft zugekniffenen Augenlid oder dicke Füße vom langen Stehen. Rückt euch einen gemütlichen Sessel auf den Flur und lasst euch per Video-Türspion durch die Nachbarn im Hausflur bespaßen.

Mein absolutes Highlight unter der Spionware aber ist der fern zu steuernde “4-Kanal-Hubschrauber mit eingebauter Videokamera und Mikrofon” (hier gibt es ein nettes Video über einen ferngesteuerten Flug über Berlin). Ich überlasse es Eurer Phantasie, was man damit sonst noch alles anstellen kann. 

In Zukunft werde ich mich nicht nur um Spyware im Internet sorgen. I
hr Möchtegern-Detektive, ich kenne jetzt Eure Tricks - na ja, einige wenigstens.

Linktipp (hinzugefügt am 12.12.2011):
"Hacker aus der Eisenzeit - Ortstermin: Ein Hamburger Laden für Spionagebedarf leidet unter dem Transparenzwahn." DER SPIEGEL 47/2011

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